4. Lokale Netze (LAN)
4.1. Charakteristika lokaler Netze
Grundlegende Begriffe:
Station: Sammelbegriff für die Vielzahl der möglichen angeschlossenen Systeme.
Server: Spezielle Station, die bestimmte Dienste netzweit bereitstellt bzw. den Anschluß an andere Netze ermöglicht (Fileserver, Namens-Server, Mail-Server, Druckserver, ISDN-Server, WAN-Server).
Lokale Netze verfügen über eine Reihe typischer Merkmale, die physikalischer und logisch-funktioneller Natur sind:
Der Einsatz eines gemeinsamen Kommunikationskanals erfordert die Nutzung entsprechender Zugriffsverfahren der Stationen, die eine faire und effektive Nutzung des Kanals gewährleisten.
Wichtigste Verfahren:
Die meisten LAN werden heutzutage mit anderen Netzen (LAN, öffentliche Datennetze, WAN) gekoppelt. Die am häufigsten angewendeten Kopplungssysteme sind Brücken und Router (s. u.).
Kommunikationsarchitektur von LAN
Eine typische LAN-OSI-Architektur hat folgenden Aufbau:
Die Schicht 2 unterteilt sich in die Subschichten
Daneben existieren eine Reihe proprietärer Lösungen, die in bestimmten Bereichen, vor allem in der PC-Vernetzung eine große Dominanz besitzen, wie zum Beispiel NETBIOS-Schnittstelle in DOS-Betriebssystemen, TCP/IP (quasi offener Standard) und Novell-Netware (IPX/SPX/NCP).
Kanalzugriffstechniken - Zugriffsverfahren
Die Kanalzugriffstechniken sind Verfahren, nach denen sendewillige Teilnehmerstationen das physikalische Kommunikationsmedium belegen. Ihre Notwendigkeit ergibt sich aus der Besonderheit der LAN:
Strategien für gemeinsame Nutzung eines Mediums
Zuteilungsstrategien (deterministische Verfahren) - sendewillige Stationen senden in festgelegter Reihenfolge
Die Zugriffsverfahren sind für die LAN-Topologien unterschiedlich geeignet.
Anwendung: Satellitenfunkstrecken, terrestrische Funkstrecken
Historie:
reines ALOHA (pure ALOHA):
Sender übergibt Datenpakete gleicher Länge mit der Frequenz
f1 an einen geostationaren Satelliten. Der Satellit verstärkt
die Nachrichten und sendet sie mit der Sendefrequenz f2 zur Erde
zurück, wo sie durch die mitgeführten Adressen ihre
Empfängerstation erreichen.
Bestmöglicher Ausnutzungsgrad des Kanals: 18,4 %
Beim slotted ALOHA darf immer nur zu bestimmten Taktzeiten gesendet werden. Eine Übertragung ist erfolgreich, wenn zwischen zwei Taktzeiten keine weitere Belegung erfolgt.
CSMA: Carrier sense multiple access (Mehrfachzugriff mit Signalabtastung)
Anwendung: Linienförmige Busstrukturen, terrestrische Funktionsübertragung
60 % aller LAN basieren auf einem stochastischen Zugriffsverfahren (vor allem CSMA/CD)
Wie kommt es zu Kollisionen?
Es werden verschiedene CSMA-Varianten genutzt:
np-CSMA iter while (true) Kanal abhören select Kanal frei senden exit or gewisse Zeit warten end np-CSMA end
Die Zeitspanne für das Warten entspricht Dauer einer Kollisionsauflösung.
p-CSMA iter while (true) abhören des Kanals select kanal frei senden mit Wahrscheinlichkeit p bzw. Zurückstellen um ein Zeitintervall mit der Wahrscheinlichkeit q = 1-p und weiter den Kanal abhören. end p-CSMA endDie sendewillige Station bewirbt sich mit der Wahrscheinlichkeit p starr um den Kanal.
Kanalzugriffstechniken für Bus-Strukturen
CSMA/CD (CSMA with collision detection) (LWT, listen while talk)
CSMA iter while (true) abhören des Kanals select Kanal frei Nachricht absenden abhören Kanal select innerhalb t Kollision stoppen Übertragung senden eines kurzen Störsignals, um allen Stationen, Störung signalisieren zu können end Das Tokenbus-Verfahren erfordert eine bestimmt Zeit warten end CSMA endt liegt dabei im Bereich der doppelten Signallaufzeit im Kanal. Der Sendeablauf hat dann folgende Form.
CSMA/CD ist die Grundlage des Ethernet-Konzeptes, das 1976 von Metcalfe und Boggs entwickelt wurde (Digital, Intel, Xerox - DIX V2.0).
Konfliktparameter K
Ein für die Güte des CSMA/CD-Verfahrens bestimmende
Größe. K = max. Signallaufzeit / Nachrichtenübertragungszeit
(Kanallänge/Signalgeschwindigkeit) / (Nachrichtenlänge/Kanal-übertragungsrate)
Das Tokenbus-Verfahren ist eine deterministische Methode. Es gehört zu den Zuteilungsverfahren. Beim Tokenbus-Verfahren bilden die Stationen am Bus einen logischen Ring. (geordnete Folge, auf die letzte Station folgt die erste). Jede Station kennt ihren Vorgänger und Nachfolger (die physische Anordnung ist nicht relevant, nur die logische).
Es ist ein beträchtlicher Aufwand zur Funktionserhaltung erforderlich, der das sonst einfache Protokoll stark verkompliziert:
Einsatz des Token-Bus-Protokolls vorwiegend bei Feldbussystemen (z.B. Profibus) in der Produktion.
Vergleich CSMA/CD - Tokenbus:
CSMA/CD | Token Bus | |
Zugriffsbestimmung | Konkurrenz | Token |
Begrenzung Paket-Länge | >2 Ausbreitungsverzögerung | keine |
Prinzipieller Vorteil | Einfachheit (Integration in LSI-Chips) |
geregelter fairer Zugriff |
Prinzipieller Nachteil | Leistung unter schwerer Last | Komplexität |
CSMA/CD: Einsatz in Netzen mit geringerer Last, wie beispielsweise bei der Büroautomatisierung
Token-Bus: Einsatz in Netzen mit starker Last und Netzen, die keinen zufälligen Zugriff gestatten. (Prozeßsteuerung, Echtzeit-Anwendungen)
Unterschiede zum Token-Bus:
Aufbau eines Datenpakets im Cambridge-Ring:
Vorteil:
Nachteil:
Verfeinerung des Slotted Rings
Eine sendewillige Station kann ein Paket zwischen 2 Paketen auf dem Ring einfügen, indem sie das nachfolgende Paket zwischenspeichert, ihr eigenes Paket auf den Ring bringt und anschließend das gespeicherte Paket weitersendet. Dabei hat jede Station 2 Puffer.
Vergleich der Ring-Zugriffsmethoden:
Token Ring | Empty-slot | Register-Insertion | |
Sende-Möglichkeit | Token | empty-slot | Freier Ring / Freier Puffer |
Verantwortung für Löschen der Pakete | Sender | Sender | Empfänger/Sender |
Zahl der Pakete im Ring | 1 | mehrere | mehrere |
Prinzipieller Vorteil | Regulierter, fairer Zugriff | Einfachheit | Max. Ring- Auslastung |
Prinzipieller Nachteil | Token-Erhaltung | Nichtauslastung d. Bandbreite |
Löschmechanismus |
4.3. LAN-Standards
Die LAN-Standards wurden vom amerikanischen Institute for Electrical and Electronics Engineers, Projektgruppe 802, ausgearbeitet. Sie sind später von der ISO übernommen worden. Es gibt folgende Standards:
Logical Link Control (LLC)
LLC IEEE 802.2
ISO IS 8802/2CSMA/CD IEEE 802.3
ISO IS 8802/3Tokenbus IEEE 802.4
ISO IS 8802/4Tokenring IEEE 802.5
ISO IS 8802/5MAN IEEE 802.6 (DQDB) FDDI IEEE 802.7
Die logische Verbindungssteuerung bildet die obere Subschicht der Schicht 2.
Das LLC-Protokoll wurde in Anlehnung an das HDLC-Protokoll entwickelt.
Unterschiede zu HDLC:
Frame UI
LLC-Dienste
Die LLC-Subschicht stellt zwei Dienste bereit:
Parametertyp | Bezeichnung | Verwendung |
I | Information | Datentransfer mit Sequenznummer |
UI | Unumbered Information | Datentransfer ohne Sequenznummer |
XID | Exchange Identification | Feststellen von Diensttypen u. Fenstergrößen einzelner SAPs |
TEST | Test | Scleifentest auf LLC-Links |
RR | Receive Ready | Empfangsbereitschaft für I-Frames, implizite Quittung |
RNR | Receive not Ready | Bremsanzige für Sender, implizite Quittung |
REJ | Reject | Empfangsablehnung für I-Frames, implizite Quittung |
SABME | Set Asynchrounus Balanced Mode | V-Aufbauwunsch mit Fenstergröße 128 |
UA | Unumbered Acknowledge Response | Bestätigung für SABME und DISC |
DM | Disconnect Mode Response | V-Abbauanzeige |
DISC | Disconnect | V-Abbauwunsch |
FRMR | Frame Reject | Frame-Zurückweisung im Fehlerfall |
ACn | Acknowledge Seq n | Quittung mit alternierender Sequenznummer (n=0,1) |
Medium Access Control
Die MAC-Subschicht übernimmt in Verbindung mit der physikalischen Schicht die verfahrenstypische Realisierung des Zugriffsverfahrens.
Folgende Aufgaben fallen bei Ethernet an:
Der MAC-Dienst besitzt folgende Dienstprimitive: MA-DATA request
(destination-address, m-sdu, service-class), MA-DATA confirm (transmission-status),
MA-DATA indication (desination-address, source-address, m-sdu,
reception-status)
Im folgenden ist das Sequenzdiagramm des MA-DATA-Dienstes angegeben.
Ein MAC-Frame hat folgenden allgemeinen Aufbau:
FCS beinhaltet hierbei den Polynomial-Prüfcode mit dem Generator
Physikalische Schicht des LAN:
PLS-Aufgaben
Datenaustausch:
Kanalüberwachung:
PLS-CARRIER indication (CARRIER-STATUS): Meldet Zustand auf dem Bus
CARRIER-STATUS:
CARRIER ON: Empfang einer INPUT-Nachricht, SignalfehlermeldungPLS-SIGNAL indication (SIGNAL-STATUS)
CARRIER OFF: Leere Nachricht und das Fehlen einer Signalfehlermeldung
PMA-Ablauf
Die PMA-Subschicht umfaßt für die standardgerechte Realisierung des CSMA/CD-Zugriffs folgende Funktionen:
FDDI
FDDI (Fiber Distributed Data Interface) ist ein standardisiertes LAN mit einer Übertragungsrate von ca. 100 Mbits/s auf der Grundlage des Token-Ring-Protokolls. Die unterste Ebene beim FDDI (der Übertragungsschicht) ist ein Physical Layer Medium Dependent (PDM) Standard definiert. Das Schichtenmodell des FDDI-Protokolls hat den folgenden Aufbau:
Da das LLC den IEEE 802.2-Standard verwendet, ist eine Kombination
mit dem IEEE 802.3 (Ethernet) und dem IEEE 802.5 (Token Ring)
möglich.
FDDI-LANs erreichen ihre größere Leistungsfähigkeit
aufgrund
Eine Beispiel-Topologie eines FDDI-Netzes nach Burke zeigt das folgende Bild:
Dabei bedeuten DAS (Dual-attached Station), DAC (Dual-attached Concentrators, SAS (Single-attached Station), und SAC (Single-attached Concentrators).
4.4. Vergleich lokaler und flächendeckender Rechnernetze
Zum Abschluß der Charakterisierung der LAN soll eine Gegenüberstellung LAN/WAN gegeben werden.
Merkmal | LAN | WAN |
Schichtenarchitektur | Tendenz zu OSI-ähnlicher Architektur | i.a. 7 Schichten OSI, SNA, DNA |
Topologie | Linienbus, Ring, Stern | vermascht |
Übertragungsgeschwindigkeit auf dem phys. Medium | 10-100 Mbit/s | i.allg. 64 Kbit/s-45 Mbit/s |
Fehlerrate | niedrig | relativ hoch (Telefonleitungen) |
Verzögerungszeit der Nachrichten | kurz wegen geringer Entfernungen und vor- teilhafter Medien | rel. lang wegen großer Entfernungen, geringere Übertragungsgeschwindigkeit |
Leitweglenkung (Routing) | i.a. nicht notwendig | erforderlich wegen vermaschter Struktur |
Flußsteuerung | geringe Erfordernisse wegen großer Bandbreite und einfacher Topologie | aufwendig wegen geringer Bandbreite und kompl. Topologie |
Nachrichtenfragmentierung | nicht so häufig notwendig | Zerlegung üblich |