5. Öffentliche Datennetze
Die Installation der ersten WAN offenbarte, daß die Kosten für das Mieten der Standleitungen sowie ihre unterschiedliche Auslastung zu verschiedenen Tageszeiten (geringe Last in den Abend- und Nachtstunden / an Sonn- und Feiertagen) ein wesentliches Hemmnis für einen effektiven Betrieb der Netze darstellte. Das führte zur Herauslösung des Datenübertra-gungsteils, der die Schichten 1-3 umfaßt, zu eigenständigen (öffentlichen oder privaten) Datennetzen, die gemeinsam in verschiedenen WAN genutzt werden können.
5.1. Mögliche Vermittlungstechniken
In Datennetzen werden als traditionelle Vermittlungstechniken die Leitungsvermittlung und die Paketvermittlung eingesetzt.
Leitungsvermittlung (circuit switching, Durchschaltvermittlung)
Aufbau einer physischen Verbindung zwischen den Kommunikationspartnern durch Zusammenschalten der Übertragungstrakte. Die Leitungsvermittlung teilt den Bitstrom in Rahmen fester Länge, Beginn kann durch Rahmenkopf festgelegt sein (Rahmenkopflänge + sonstige Kontrollinformation k bit). Dem Kopf folgen dann n Kanäle mit einer konstanten Länge von jeweils b Bits. Jeder dieser Kanäle entspricht dann einem kontinuierlichem Bitstrom:
Wiederholung des Rahmens alle T sec
Datenrate = b/T bit/s
Notwendige Leitungsrate = (k+n*b)/T bit/s
Beispiel : PCM-Technik nach den Synchronen Time Multiplexing (STM)
Kanallänge = 8 bit, T = 125 s
Basisrate 64 kbit/s (z.B. B-Kanal bei ISDN)
Multiraten-Leitungsvermittlung (multirate circuit switching)
Um die Inflexibilität und Ineffizienz der reinen Leitungsvermittlung abzuschwächen können mehrere Kanäle gebündelt für eine Verbindung zugelassen werden.Die Verbindung kann Übertragungsraten anfordern, die das ganze Vielfache der Basisrate sind.
Schnelle Leitungsvermittlung (fast circuit switching)
Wurde zur effiziente Behandlung von burstartigem Datenverkehr eingeführt. Die Ressourcen (Kanäle) werden beim Verbindungsaufbau nicht fest allokiert, sie werden beim aktuellen Bedarf, beim Transfer der Daten, belegt und danach wieder freigegeben. Die Allokierung von Ressourcen erfolgt auf der Basis der Datenbursts.
Paketvermittlungstechnik (packet switching)
Zerteilung der Nachrichten in Pakete fester oder variabler Länge, die mit einem Paketkopf versehen werden, welcher die Quell-, Zieladresse und Routinginformationen enthält. Die Pakete werden gesendet ohne vorher eine physikalische Verbindung aufzubauen, es besteht lediglich eine logische Verbindung auf einer höheren Schicht. Das Senden der Pakete wird ebenfalls über Zwischenknoten (kurzes Zwischenspeichern) realisiert. Das Weitersenden kann erfolgen, ohne alle zum Datensatz gehörigen Pakete abzuwarten
Vorteile:
->Für öffentliche Datennetze werden vorrangig Paketvermittlungsnetze eingesetzt.
Einfachanschluß mit exklusiver Bereitstellung der Vollen Bandbreite | Mehrfachanschluß über einen Hauptanschluß |
Kompatible DEE's notwendig | Anpassungsdienste für DEE's vorhanden (Code-, Protokoll-, Raten-Wandlung) |
Zeittransparenz (feste Ü-Zeiten) | Lastabhängige Übertragung |
Geringe Leitungsausnutzung | Hohe Leitungsausnutzung |
Neue Verbindungenwerden im Hochlastfall abgelehnt | Im Hochlastfall sinkt i.R.die DÜ-Rate aller Teilnehmer, neue Verbindungen möglich |
Bittransparente Übertragung | Datenpaket mit Zusatzinfo's, genormte Netzzugangsstelle (X.25) |
Gebühr zeitabhängig, zonenabhängig | Gebühr nur volumenabhängig |
Schnelle Paketvermittlung (fast packet switching)
Realisiert einige Vereinfachungen gegenüber der traditionelllen Paketvermittlung
einfache Protokollprozessoren im Switch in Hardware
5.2. Die X.25-Schnittstelle
Die Standards für die öffentlichen Datennetze werden von dem CCITT erarbeitet. Sie sind in der X-Serie zusammengefaßt. Die wichtigsten von ihnen sind nachfolgend aufgeführt.
Öffentliche Paketvermittlungsnetze auf der Grundlage von X.25:
PSS (Packet Switching Service) | GB |
TRANSPAC | Frankreich |
DATAPAC | Kanada |
DDX | Japan |
RETD | Spanien |
DATEX-P | BR Deutschland |
NORPAK | Norwegen |
SWENET/NORPAK | Schweden |
SCANNET | Dänemark, Finnland |
DNA | Niederlande |
TELENET | USA |
Das öffentliche Paketvermittlungsnetz auf X.25-Basis stellt einen virtuellen Leitungsdienst (Virtual circuit service) zur Verfügung, als Zusatzdienst den Datagrammdienst (datagram service). Sie ergeben sich aus den beiden grundsätzlich verschiedenen Betriebsweisen von Paketvermittlungsnetzen: virtuelle Leitung und Datagramm. Der Datagramm-Dienst (die Bezeichnung entstand als Analogie zum Telegrammdienst) realisiert eine Übertragung ohne Garantie der Einhaltung der Paketreihenfolge. Der Dienstnutzer muß also die richtige Reihenfolge herstellen bzw. Originalnachricht rekonstruieren, falls dies erforderlich ist). Er muß Paketverluste überwachen.
Die X.25-Schnittstelle umfaßt die OSI-Schichten 1-3 . Dabei wird in der dritten Schicht das PLP-Protokoll (Packet Level Protocol) definiert.
Das PLP-Protokoll
Das PLP-Protokoll definiert ein Multiplex-Verfahren, in dem bis zu 4096 logische Kanäle unabhängig voneinander übertragen werden können. Wieviel logische Kanäle maximal benutzt werden dürfen, wird mit dem Betreiber des Netzwerks (PTT) vereinbart. Auf jedem dieser Kanäle kann eine virtuelle Verbindung aufgebaut werden.
Die logischen Kanäle werden in 4 Bänder unterteilt. Die Bandgrenzen werden mit dem Datennetz-Betreiber vereinbart.
Das PLP unterscheidet mehr als 30 verschiedene Paketformate. Jedes Paket besteht aus einem Paketkopf und dem Pakettext (Daten Steuerinformationen).
Im folgenden ist der allgemeine Paketkopf für den Verbindungsaufbau beschrieben.
Die folgende Tabelle vergleicht die HDLC-Komponenten mit denen des X.25 und gibt die jeweiligen OSI-Bezeichnungen an.
DEE an DÜE | DÜE an DEE | OSI-Benennung | |
U-Rahmen | |||
SABM UA
DISC
FRMR
FRMR |
Call Request Call Accepted
Clear Request
Reset RQ
Restart RQ |
Incomming Call Call Connected
Clear IND
Reset IND
Restart IND |
N-conreq N-conconf
N-disreq |
S-Rahmen | |||
RR RNR REJ ... |
DEE RR DEE RNR DEE REJ DEE Interrupt DEE Int CF |
DÜE RR DÜE RNR DÜE REJ DÜE Interrupt DÜE Int CF |
|
I-Rahmen | DEE Data | DÜE Data | N-datareq |
N(S), N(R) zur Flußsteuerung |
P(S), P(R) zur Flußsteuerung |
Dabei steht P(R) und N(R) jeweils für die Emfangsfolgenummer und P(S) und N(S) für die Sendefolgenummer.
Die folgenden Sequenzdiagramme verdeutlichen die unterschiedlichen Funktionsweisen spezieller X.25-Protokollkomponenten:
Verbindungsaufbau:
mit Ende-zu-Ende Signifikanz:
Verbindungsabbau:
Reset-Mechanimus:
Bestätigter Datentransfer:
5.3. ISDN und Breitband-ISDN
ISDN: Integrated Services Digital Network, deutsch: Dienstintegrierendes digitales Nachrichtennetz (IDN: Integriertes Text- und Datennetz)
Definition CCITT/ITU (1984/88):
An ISDN is a network, in general evolving from a telephony IDN, that provides end-to-end digital connectivity to support a wide range of services, including voice and non-voice services, to which users have access by a limited se of standard multi-purpose user-network interfaces.
Integrationsaspekte
Das zunehmende Bedürfnis nach Kommunikation läßt eine Integration der verschiedene Dienste wünschenswert werden. Mögliche Kombinationen sind: Sprache+Bewegtbild, Sprache+Festbild (Faksimile) (+Bewegtbild), Sprache+Bildschirmtext, Sprache+Daten, Text+Festbild usw.
Die Arten der Integration können sein: eine Integration von Techniken oder eine Integration der Dienste.
Das folgende Bild zeigt einen Anschluß hinsichtlich Buskonfiguration (über die sogenannte S.0-Busschnittstelle) und hinsichtlich Sternkonfiguration (über eine sogenannte U.k0-Schnittstelle).
Dabei stehen NT für Network Termination , T1 für ISDN-Terminals, TA für Terminal Adapter (Endgeräteanpassung), LT für Line Termination (Leitungsabschluß) und ET für Exchange Termination (Vermittlungsabschluß).
Im NT werden verschiedene Kanäle geführt, die zum Teil genormt sind, wie beispielsweise:
Allgemein zulässige Anschlußformen sind:
Nutzungsmöglichkeiten des ISDN-Basisanschlusses:
mit den Charakteristika:
Dienste im ISDN
ISDN stellt wie jedes Kommunikationssystem Dienste bereit. Die Bereitstellung der Dienste im ISDN erfolgt auf der Basis einer OSI-Kommunikationsarchitektur.
ISDN-Protokolle
Im ISDN sind die relevanten Protokolle in den Schichten 1-3 angesiedelt. In den höheren Sichten können dann je nach bereitzustellendem Dienst andere Protokolle eingesetzt werden. Dabei ist stets zu beachten, daß die Übertragung im ISDN über mehrere Kanäle realisiert, wird die entsprechend unterschiedliche Protokolle erfordern.
Das ISDN-Referenzmodell wird durch den CCITT-Standard I.320 festgelegt.
Schnittstellen bei der ISDN-Topologie werden allgemein als Referenzpunkt bezeichnet. Die in diesem Bereich möglichen Vermittlungstechniken werden durch sogenannte Nebenstel-lenanlagen (PBX - Private Branch Exchange) realisiert.
Das sogenannte LAPD-Protokoll enthält eine Gerätekennzeichnung (TEI - Terminal Endpoint Identifier) und eine Diestekennzeichnung (SAPI - Service Access Point Identifier). Es entspricht allgemein dem HDLC-LAPB-Protokoll (s. o.).
Breitband-ISDN (B-ISDN)
Von der CCITT (heute ITN) wurden Systeme mit einer Übertragungrate ab 2 Mbit/sec als Breitband-ISDN definiert.
Hinsichtlich der Übertragungsraten existiert eine sogenannte Bandbreitenhierarchie (H-Hierarchie) mit folgenden Klassifikationsmerkmalen:
B: | 64 kBit/sec |
H0: | 384 kBit/sec |
H11: | 1536 kBit/sec |
H12: | 1920 kBit/sec |
H2: | 32 ... 34 Mbit/sec |
H3: | 45, 70 Mbit/sec |
H4: | 135 ... 139 Mbit/sec |
Erreicht wird diese höhere Bitrate beispielsweise durch: