7. ATM-Netze
7.1. Die ATM-Architektur
ATM (Asynchronous Transfer Mode) besitzt Eigenschaften sowohl des sogenannten reinen Zeitmultiplexverfahrens als auch des Konzentrierungsverfahrens. Vom Zeitmultiplexen hat ATM die Einteilung des Kanals in Zeitschlitze (Time Slots) fester Länge. Dabei sind jedoch bestimmte Zeitschlitze nicht bestimmten virtuellen Verbindungen fest zugeordnet, sondern es ist möglich, nach bestimmten Kriterien an jede Verbindung jeden freien Zeitschlitz zu vergeben. Es findet also eine Konzentrierung statt.
Die in ATM verwendeten Dateneinheiten werden Block oder Zelle (Cell) genannt. Das Übertragungsprinzip im ATM ist im folgenden (aus Kowalk/Burke) dargestellt.
ATM ist verbindungsorientiert. Vor der eigentlichen Datenübertragung muß ein Verbindungsaufbau durchgeführt werden. Dabei wird sowohl eine Bandbreitenreservierung durchgeführt als auch eine virtuelle Kanalnummer vergeben, die es erlaubt, verschiedene virtuelle Verbindungen auf den gleichen Leitungen zu unterscheiden. Diese Kanalnummer wird in einem kurzen Datensatz (Header) mitgeführt, der neben der Kanalnummer noch weitere Informationen enthält. Da auf sehr weit entfernten Leitungen eine bestimmte virtuelle Kanalnummer bereits vergeben sein kann, muß in jeder Vermittlung (Switch) die virtuelle Kanalnummer umgesetzt werden. Daher können Kanalnummern nur zusammen mit den Verbindungsleitungen eindeutig einer virtuellen Verbindung zugeordnet werden. Eine virtuelle Verbindung kann praktisch jeden freien Zeitschlitz verwenden, um Information abzusetzen. Da jedoch viele Anwendungen ihre Daten stoßweise (Burst) ins Netz schicken, können die internen Puffer der Vermittlungsstellen kurzzeitig überlastet werden. Deshalb muß der Strom von Zellen beschränkt werden. Dafür gibt es verschiedene sogenannte Quellüberwachungsverfahren (Congestion Control).
7.2. ATM-Schnittstellen und -Protokolle
Das Architekturmodell von ATM verwendet ein Schichtenmodell. Die Funktionen der jeweiligen Schichten unterscheiden sich jedoch grundlegend von dem OSI-Basisreferenzmodell. Das folgende Bild (aus Kowalk/Burke) beschreibt die architekturellen Grundlagen von ATM.
Die physikalische Schicht besteht aus der Übertragungskonvergenzteilschicht (Transmission Convergence Sublayer) und aus der Teilschicht zur Anpassung an das auf dem physikalischen Medium verwendete Übertragungsverfahren (Physical Medium Sublayer z.B. PDH, SDH, FDDI usw.). Die Übertragungskonvergenzteilschicht sorgt dafür, daß sich die Zellen der ATM-Schicht in die logische Struktur des Übertragungsmediums einfügen. Dabei wird zusätzlich durch ein geeignetes Verfahren die Zellgrenze im Zellstrom markiert. Abschließend muß noch ein Prüfbyte zum Schutz des Headers (HEC-Header Error Control) generiert und als fünftes Byte dem Header angefügt werden.
Als physikalisches Medium kann jedes verfügbare Übertragungsmedium für höhere Übertragungsraten eingesetzt werden, also neben LWL und Koaxialkabel auch STP oder UTP (Shielded oder Unshielded Twisted Pair), sowie bei entsprechend geringen Entfernungen einfaches Kupferkabel.
Die ATM-Schicht versieht die 48 Byte langen Informationseinheiten der darüber liegenden Anpassungsschicht mit einem 5 Byte langen Header, wobei das HEC jedoch erst von der physikalischen Schicht eingefügt wird.
Die ATM-Schicht fügt in den Header
Die Anpassungsschicht (AAL=ATM-Adaption-Layer)
besteht aus
Es werden vier verschiedene Dienstklassen definiert:
Klasse | Class A | Class B | Class C | Class D |
Zeitabhängigkeit zwischen Quelle und Ziel | notwendig | nicht notwendig | ||
Bitrate | konstant | variabel | ||
Verbindungsart | verbindungsorientiert | verbindungslos | ||
Beispiel | virtuelle Datenverbindung Circuit Emulation | variables Bewegtbild | verbindungsorientierte Datenübertragung | verbindungslose Datenübertragung |
AAL-Typ | Typ1 | Typ2 | Typ3/Typ5 | Typ4 |
Man unterscheidet die Anwendungen nach den Kriterien:
Die ersten in ATM spezifizierten Dienste sind unter anderem Cell-Relay, Frame-Relay, SMDS/CBDS (Switched Megabit Data Service/Connectionless Broadband Data Service), B-ISDN-Signalisierung, Netzwerkmanagement für B-ISDN sowie verschiedene Videodienste.
Im Weitverkehrsbereich verwenden die PTTs heute ein synchrones Übertragungsverfahren, entweder die ältere PDH (Plesiosynchrone Digitale Hierarchie; plesio gr. fast) oder die neue SDH (Synchrone Digitale Hierarchie). Bei beiden werden innerhalb eines Rahmens verschiedene Datenströme miteinander gemultiplext, indem sie in größere Rahmen gepackt und dann übermittelt werden. Ein Problem bei diesem Verfahren besteht darin, daß die verschiedenen Rahmen zu verschiedenen Zeiten eintreffen, und sich diese Zeiten auch gegeneinander verschieben können. Dieses Phänomen hat seine Ursache in der Unmöglichkeit, ein weltweites Netz völlig synchron zu halten.
Die synchrone digitale Hierarchie SDH wurde so gewählt, daß mit ihr die Standardzellen von ATM (48+5 Bytes) effizient übertragen werden können. Während in PDH ein Datenblock erst dann identifiziert werden kann, wenn er aus dem Rahmen herausgemultiplext wurde (d.h. die gesamte digitale Hierarchie durchlaufen und gestopfte Bits entfernt wurden) wird bei SDH durch einen Zeigermechanismus eine Verweis auf den relevanten Datenblock erzeugt.