Am 7. Dezember 1975 wurde die Goethe- Gesellschaft Rudolstadt - eine der 11 thüringischen Ortsvereinigungen - in Schloss Kochberg gegründet. 200 Jahre zuvor, am 6. Dezember 1775, hatte Goethe zum ersten Mal Charlotte v. Stein in Kochberg besucht.

Zu Rudolstadts vielfältigen kulturgeschichtlichen und literarischen Beziehungen gehören die zu deutschen Klassikern wie Goethe und Schiller. Die erste Begegnung der beiden Dichter erfolgte am 7. September 1788 im Haus Beulwitz/ Lengefeld in Rudolstadt. Goethe besuchte die kleine Residenzstadt im Juli 1781 und im Mai 1782 in Amtsgeschäften, im Oktober 1817 aus Interesse an den Abgüssen der Köpfe der rossebändigenden Dioskuren vom Quirinalshügel in Rom, die in der Heidecksburg aufgestellt waren. Seine Bemühungen als Direktor des Weimarer Hoftheaters um das Rudolstädter Theater datieren ab 1794.

Engagierte Mitarbeiter des Kulturbundes erhielten eine Tradition lebendig, als sie vor 25 Jahren in Rudolstadt eine Ortsvereinigung der „Goethe-Gesellschaft in Weimar" gründeten, die sich laut Satzung als Freundeskreis des Kulturbundes verstand.

Wie die anderen deutschen Ortsvereinigungen arbeitet die Goethe-Gesellschaft Rudolstadt von Anfang an eigenständig, fühlt sich aber dem gleichen Anliegen der 1885 gegründeten Goethe-Gesellschaft in Weimar, die internationalen Charakter besitzt, verpflichtet. Sie will zur „vertieften Kenntnis Goethes" beitragen und „seine lebendige Bedeutung für unsere Gegenwart" erschließen helfen.

1993 löste sich die Goethe-Gesellschaft Rudolstadt aus dem Kulturbund heraus und arbeitete als eingetragener Verein (e.V.) mit den Zielen der Gemeinnützigkeit weiter. Gegenwärtig zählt sie 80 Mitglieder - etwa das Vierfache der ursprünglichen Mitgliederzahl. Bereits in den Anfangsjahren wurde sie zum Anziehungspunkt für kulturell und literarisch interessierte Bürger aus allen Schichten der Bevölkerung. In zunehmendem Maße, insbesondere nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten , wurde die Goethe-Gesellschaft Rudolstadt für viele eine Stätte geistiger Begegnung und der Zugehörigkeit.

Die 27jährige Arbeit zeichnet sich durch Kontinuität aus. Die Aufgabenstellung in den 80er Jahren hat einige andere Aspekte als in den neunziger Jahren. Anliegen war bei der Gründung, sich der Pflege und Verbreitung des Erbes der klassischen deutschen Literatur, insbesondere des Goetheschen Werkes, zu widmen, das Kulturschaffen der Gegenwart einzubeziehen und sich auch in praktischer Tätigkeit zu engagieren, so bspw. bei der Bestandsaufnahme aller in Rudolstadt vorhandenen Gedenktafeln und deren Restaurierung oder bei der Unterstützung der Restaurierungsarbeiten am Schallhaus (Schloss Heidecksburg). In Vorträgen, die regelmäßig stattfanden, spielten Malerei, Denkmalspflege und Baugeschichte eine große Rolle (u.a. Vorträge über Goya, Barlach, Dürer, Richter, Hegenbarth, die Malerfamilien Cotta und Morgenstern, über Kunstausstellungen in der DDR, über Baugeschichte, Burgen und Schlösser Thüringens).

In hohem Maße wurden regionale Aspekte berücksichtigt: Saalfelder Altarwerkstätten, Ludwig- Friedrich II. von Schwarzburg-Rudolstadt, Prinz Louis Ferdinand, der Jäger Roth, Karl v. Stein, Methfessel, Fröbel u.a., oder Buchkunst und die Anfänge des Buchhandels in Rudolstadt. Zum Programm gehörten auch zahlreiche musikalisch-literarische Veranstaltungen und Autorenlesungen.

Die Wiedervereinigung Deutschlands setzte neue Akzente. Es entstanden Kontakte mit Goethe- Gesellschaften der alten Bundesländer wie Bamberg, Kronach. Freundschaftliche Beziehungen und Zusammenarbeit halfen das Verständnis füreinander zu vertiefen. Eine große Bereicherung war, nun überall im Inland, in Italien, in der Schweiz, in der Champagne und in Elsaß-Lothringen Goethes Spuren folgen zu können.

Seit 1990 wurden in über 150 Veranstaltungen 93 Vorträge angeboten, in denen der Dichter und Staatsmann Goethe sowie Werke aus seinem vielfältigen poetischen und naturwissenschaftlichen Schaffen ebenso im Mittelpunkt standen wie seine Zeichnungen, sein Verhältnis zu anderen Künsten, zur Natur und Religion oder wie seine Beziehungen zu Zeitgenossen und zu Menschen, die ihm nahestanden - Vorträge, die an Dichter und Werk heranführten (Herzog Karl August, Schiller, Herder, Wieland, Eckermann,Ch. v. Stein, Ch. Goethe, M. v. Willemer, U. v. Levetzow u.a.). Thema war auch, was Goethe Künstlern und Wissenschaftlern bis heute bedeutete: R. Wagner, Th. Mann, Chr. Morgenstern, K. Kollwitz, A. Schweitzer. Seit 1997 wurden in „Mittwochslesungen" von eigenen Kräften Werke Goethes oder andere wichtige Bücher vorgestellt.

Wanderungen, u.a. auf dem Goethe-Wanderweg von Großkochberg bis Weimar, Museums- und Theaterbesuche, gesellige Abende - einige davon mit den benachbarten Goethe-Gesellschaften Saalfeld und Pößneck - wie auch Veranstaltungen in Großkochberg zu Goethes Geburtstagen waren immer Bestandteil des Programms.

Goethes 250. Geburtstag bot Anlass, die Broschüre „Auf Goethes Spuren in Rudolstadt und Umgebung" zu erarbeiten, eine Gedenktafel über Goethes Aufenthalt in Rudolstadt 1817 anzuregen und in der Stadtbibliothek zwei Ausstellungen über „Goethe und Rudolstadt" sowie über „25 Jahre Goethe-Gesellschaft Rudolstadt" darzubieten. Festveranstaltungen würdigten Goethes 250. Geburtstag sowie das 20jährige Bestehen der Goethe-Gesellschaft Rudolstadt. Das 25jährige Jubiläum der Ortsvereinigung sollte nicht nur Geleistetes bewusst machen , sondern jeden fragen lassen, wie weit wir schon in Goethes Welt eingedrungen sind und was er jedem von uns bedeutet.

Vorsitzende der Goethe-Gesellschaft Rudolstadt:

1975-1989 Horst Fleischer
1989 - Hans-Günther Otto

Mitte Mai 1996 trafen sich Vorstandsmitglieder aus 42 deutschen Goethe-Gesellschaften zu ihrer Jahrestagung in Rudolstadt.

Dr. Ursula Steinhaußen

Seit Januar 2003 sind wir im Internet präsent und hoffen, damit weitere Interessenten für unser Vereinsleben gewinnen zu können.